- Story
«Die digitale Transformation ist kein Selbstzweck»
28.10.2025 Im Gespräch mit unserem Partner Deloitte beleuchten wir mit Rolf Brügger, wie sich die Schweiz in Sachen Digitalisierung und Modernisierung des öffentlichen Sektors entwickelt.
Das Wichtigste in Kürze
- 
	Die Deloitte AG ist seit April 2024 Partnerin des Instituts Public Sector Transformation (IPST). 
- 
	Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft bietet unter anderem spezialisierte Dienstleistungen für die öffentliche Hand an. 
- 
	Im Gespräch gibt Rolf Brügger, Leiter Sektor Government & Public Services von Deloitte Schweiz, Einblick in die Publikation Government Trends 2025 und erklärt dabei auch seine persönliche Sichtweise auf die Besonderheiten der Schweiz in Bezug auf die Transformation des öffentlichen Sektors. 
Im September ist der Bericht «Digitalisierung und Modernisierung des öffentlichen Sektors in der Schweiz: Wo stehen wir im internationalen Vergleich?» von Deloitte veröffentlicht worden. Darin werden die wichtigsten Trends in der Digitalisierung und Modernisierung des öffentlichen Sektors zusammengefasst und bewertet.
Rolf Brügger, welche Erkenntnis aus dem Bericht hat Sie persönlich am meisten überrascht?
Unsere globalen Government Trends werden jeweils im Frühjahr veröffentlicht. Trotz unseren Schweizer Eigenheiten sind die globalen Government Trends auch immer für uns relevant – ihre Veröffentlichung sind daher für mich jedes Jahr ein Highlight! Für unseren diesjährigen Schweizer Bericht haben wir die vier relevantesten Trends hervorgehoben: Die Modernisierung & Transformation der Dienstleistungen, Infrastrukturentwicklungen, Kosteneffizienz, und KI.
Mich hat überrascht, wie eng die vier Trends miteinander verknüpft sind. Die Schweiz hat zwar spürbare Fortschritte gemacht, aber eine tiefgreifende Transformation bleibt oft aus. Viele Prozesse funktionieren zwar gut, sind aber noch zu analog gedacht. Erst wenn wir Daten, KI und neue Technologien konsequent verbinden, entsteht ein optimaler Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger.
Government Trends 2025
 
    Die Government Trends 2025 zeigen, wie Regierungen weltweit durch Technologie und Agilität ineffiziente Institutionen transformieren und innovative Dienstleistungen erbringen. Der Bericht konzentriert sich auf die tiefgreifende Transformation des öffentlichen Sektors, die damit verbundenen Herausforderungen sowie die aktuellen Trends und Optimierungspotenziale. Regierungen setzen auf digitale Infrastruktur, Kostensenkung und Reformen, um die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.
Gibt es neben dem Föderalismus weitere Besonderheiten, welche die Schweiz in Bezug auf die Transformation des öffentlichen Sektors prägen?
Ja, neben dem Föderalismus prägt die Schweizer Kultur der vorsichtigen, schrittweisen Entwicklung die Transformation. Die Schweiz verfolgt Transformationsziele eher mit Bedacht und setzt auf Zusammenarbeit über föderale Ebenen hinweg, auch wenn dies herausfordernd ist. Zudem ist die föderale Struktur selbst eine Besonderheit, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen bei der Digitalisierung und Modernisierung bietet - insbesondere hinsichtlich der Koordination und Finanzierung gemeinsamer Digitalisierungsprojekte.
Die Schweiz verfolgt Transformationsziele eher mit Bedacht und setzt auf Zusammenarbeit über föderale Ebenen hinweg, auch wenn dies herausfordernd ist.
Um die digitale Transformation zu beschleunigen, seien unter anderem gemeinsame Plattformen und skalierbare Lösungen erforderlich, kommt der Bericht zum Schluss. Können Sie uns dies an einem Beispiel ausführen?
Ein Beispiel ist das Programm «DigiSanté», das die Digitalisierung des Gesundheitswesens in der Schweiz vorantreibt. Es zeigt, wie durch gemeinsame Plattformen und koordinierte Projekte innerhalb des föderalen Systems tiefgreifende Transformationen möglich sind. Solche Programme fördern die Zusammenarbeit, schaffen Synergien und ermöglichen skalierbare Lösungen, die über einzelne Kantone oder Abteilungen hinausgehen.
 
    Unser Interviewpartner: Rolf Brügger
Rolf Brügger ist (Technology & Transformation) Partner in Zürich und leitet den Sektor Government & Public Services von Deloitte Schweiz. Er verfügt über mehr als 16 Jahre Erfahrung in der Industrie und Beratung, hat in Europa sowie Asien-Pazifik gearbeitet und unterstützt Kunden aus dem öffentlichen Sektor dabei, komplexe Transformationsprozesse erfolgreich zu bewältigen. Er ist spezialisiert auf anspruchsvolle Strategieprojekte und deren Umsetzung und Verankerung in Organisationen. Zu seinen Kunden gehören die öffentliche Verwaltung auf allen föderalen Ebenen sowie bundesnahe Betriebe.
Was versprechen Sie sich von der «Swiss Government Cloud»?
Die «Swiss Government Cloud» wird als zentrales Instrument gesehen, um die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung innerhalb und über alle föderalen Ebenen hinweg voranzutreiben. Sie soll eine gemeinsame, sichere und effiziente Infrastruktur bieten, die es ermöglicht, Daten und Dienste föderal und sektorenübergreifend zu nutzen. Dadurch können Synergien gehoben, Kosten gesenkt und die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen verbessert werden.
Von welchen Faktoren ist der Erfolg der Swiss Government Cloud abhängig? Welche Hindernisse gibt es zu überwinden?
Der Erfolg hängt wesentlich von der Zusammenarbeit und dem Willen aller föderalen Ebenen ab, gemeinsame Standards und Interoperabilität zu entwickeln und zu implementieren. Es gilt, bürokratische Hürden abzubauen, insbesondere im Umgang mit Daten und Datenschutz. Unterschiedliche kantonale Regelungen stellen ein Hindernis dar, weshalb eine Harmonisierung der Datenschutzgesetze oder föderale Datenschutzregelungen notwendig sein könnten. Zudem sind die richtigen Plattformen und Talente entscheidend, um die Cloud effektiv zu betreiben.
Deloitte Schweiz
 
    Deloitte Schweiz ist eine führende Prüfungs- und Beratungsgesellschaft, die umfassende Dienstleistungen in den Bereichen Wirtschaftsprüfung, Steuer- und Rechtsberatung, Strategy, Risk & Transactions Advisory und Technology & Transformation anbietet. Das Unternehmen ist Teil des globalen Deloitte-Netzwerks und profitiert von dessen umfangreiche Expertise. Darüber hinaus bietet Deloitte Schweiz spezialisierte Dienstleistungen für die öffentliche Hand an, um Verwaltung und Betriebe bei der Bewältigung komplexer Herausforderungen und der Verbesserung ihrer Effizienz und Effektivität zu unterstützen.
Im Bericht ist zu lesen, dass die Schweiz an einer nationalen KI-Strategie arbeite, welche Innovation und Vertrauen fördern solle. Der Begriff «Vertrauen» im Zusammenhang mit der Akzeptanz von KI bei der Bevölkerung ist letzthin zu einem Modewort geworden, welches die Geister spaltet. Anstatt die Bevölkerung dazu aufzurufen, Vertrauen in die Digitalisierung und den guten Willen des Staates zu haben, solle man besser transparente rechtliche Grundlagen schaffen, lautet die Forderung der Kritiker. Wie stehen Sie persönlich dazu?
KI ist eine Schlüsseltechnologie für die Modernisierung und Transformation des öffentlichen Sektors. Vertrauen ist wichtig, aber vor allem sind transparente rechtliche Grundlagen und klare Governance-Strukturen notwendig, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu fördern. Vertrauen sollte nicht blind sein, sondern auf nachvollziehbaren und rechtlich abgesicherten Rahmenbedingungen beruhen.
Was sagt der Bericht in Bezug auf die rechtlichen Grundlagen der Digitalisierung aus? Wo steht die Schweiz hier im Vergleich zum internationalen Umfeld?
Der Bericht betont die Notwendigkeit klarer, transparenter und harmonisierter rechtlicher Grundlagen, um Digitalisierung und KI-Anwendungen effektiv und vertrauenswürdig zu gestalten. Die Schweiz steht hier vor der Herausforderung, föderale Datenschutzregelungen zu vereinheitlichen und institutionelle Instrumente zu entwickeln, die die Digitalisierung strategisch fördern. Im internationalen Vergleich ist die Schweiz nicht führend, aber auf einem guten Weg, insbesondere durch Initiativen wie die Digitalen Öffentlichen Dienste.
Ich wünsche mir, dass wir die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung nutzerzentriert angehen.
Was liegt Ihnen persönlich in Bezug auf die digitale Zukunft der Schweiz besonders am Herzen?
Ich wünsche mir, dass wir die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltung nutzerzentriert angehen. Die digitale Transformation ist kein Selbstzweck – die Nutzerinnen und Nutzer müssen bei den Vorhaben immer im Zentrum stehen, damit sie die Vorteile erkennen und realisieren können. Ansonsten arbeiten wir am Zielpublikum vorbei. Die Abstimmung zur e-ID hat gezeigt, dass wir in diesem Bereich noch viel Arbeit vor uns haben!
Vielen Dank für das Gespräch!
 
    