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«Dranbleiben lohnt sich» – gelingende Beistandschaften bei Elternkonflikten

29.04.2025 Rebecca Hadorn untersuchte in ihrer Master-Thesis, wie Beistandschaften bei Elternkonflikten gelingen können. Dort verarbeitete sie auch Wissen, das sie in den Fachkursen Beratung und Mandatsführung bei hochstrittigen Elternkonflikten und deren Abklärung im Kindesschutz erworben hat. Wir haben sie zu ihren Erkenntnissen befragt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Praxisnahe Forschung: In ihrer Master-Thesis analysierte Rebecca Hadorn erfolgreiche Beistandschaften bei Elternkonflikten und identifizierte Erfolgsfaktoren.
  • Zentral: Erfolgreiche Beistandschaften beruhen auf gründlicher Situationsanalyse und Auftragsklärung sowie kontinuierlichem Austausch – Faktoren, die auch unter hoher Fallbelastung wirken.
  • Resilienz stärken: Kontinuierliche Weiterbildung hilft Fachpersonen, komplexe Fälle professionell zu führen und ihre eigene Belastung zu reduzieren.

Rebecca Hadorn, Sie haben Ihre Master-Thesis zu Beistandschaften im Kindesschutz geschrieben. Für wen sind Ihre Erkenntnisse besonders relevant?

Rebecca Hadorn: Ehrlich gesagt wurde während der Thesis klar, dass das Thema mehr Berufsgruppen betrifft als gedacht. In erster Linie schrieb ich für Beistandspersonen, die direkt mit betroffenen Familien arbeiten. Doch während meiner Forschung wurde mir klar, wie interessant die Ergebnisse für weitere Fachpersonen sind: zum Beispiel für sozial­pädagogische Fa­mi­lien­­beglei­ter*in­nen oder Mütter- und Väter­bera­ter*in­nen. Auch mit Lehrpersonen und Schulleitenden hatte ich spannende Gespräche über meine Ergebnisse. 

Besonders ermutigend fand ich bei meinen Ergebnissen, dass selbst in komplexen und verfahrenen Konflikten positive Veränderungen möglich sind.

  • Rebecca Hadorn Sozialarbeiterin im Sozialdienst Zulg

Wie lassen sich Ihre Ergebnisse in die Praxis übertragen?

Ich habe die Arbeit bewusst praxisnah gestaltet. Gemeinsam mit Beistandspersonen habe ich Fälle untersucht, in denen das Kindeswohl nachhaltig gefördert wurde. Dabei konnte ich konkrete Erfolgsfaktoren identifizieren: zum Beispiel eine gründliche Situationsanalyse, eine präzise Auf­tragsklärung und regelmässige Gespräche mit allen Beteiligten. Das klingt erstmal einfach, ist in der Realität aber oft eine Herausforderung – vor allem wegen der hohen Fallbelastung der Beistandspersonen. Gerade deshalb bieten die genannten Punkte wertvolle konkrete Ansätze, die im Alltag direkt anwendbar sind. Dartüber hinaus weise ich auf strukturelle Herausforderungen hin, die angegangen werden müssen.

Welche Rolle spielt dabei die persönliche Haltung der Fachpersonen?

Eine sehr grosse! Während meiner Thesis wurde mir bewusst, wie wichtig es ist, die Perspektiven der Eltern und der gesamten Familie wirklich zu verstehen. Wenn ich mit Familien arbeite, frage ich mich immer: Was bedeutet dieser Konflikt für die Kinder? Was für die Eltern? Welche Werte und Normen prägen ihr Handeln? Ich nehme mir Zeit, um Gespräche gut vorzubereiten und sinnvolle Methoden einzusetzen. Ehrlich gesagt gelingt mir das im Arbeitsalltag nicht immer – Stress und Zeitdruck machen es manchmal schwierig. Aber ich versuche, meine Grundhaltung nie aus den Augen zu verlieren.

kurze, prägnante Zusammenfassung, was auf dem Bild zu sehen ist und das Linkziel, falls Bild verlinkt ist.
Rebecca Hadorn im Interview

Wie können Ihre Ergebnisse in Weiterbildungen integriert werden?

Sie zeigen vor allem, wie zentral kontinuierliche Weiterbildung ist. Kompetenzen wie eine strukturierte Gesprächsführung, der Einsatz unterstützender Massnahmen oder eine klare Handlungsplanung helfen enorm, kindeswohlfördernde Prozesse anzustossen. Gleichzeitig ist die Arbeit mit streitenden Eltern sehr herausfordernd. Für viele Beistandspersonen kann diese sogar dazu führen, die Arbeitsstelle zu verlassen. Grundsätzlich erwerben wir in Weiterbildungen Kompetenzen, um komplexe Fälle professionell zu führen, was gleichzeitig die persönliche Belastung reduziert. So können Weiterbildungen Fachpersonen neben dem nötigen Handwerkszeug auch Resilienzkompetenzen mitgeben. Besonders ermutigend fand ich bei meinen Ergebnissen, dass selbst in komplexen und verfahrenen Konflikten positive Veränderungen möglich sind. Diese Botschaft motiviert und zeigt: Dranbleiben lohnt sich. 

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