- Story
Gut gerüstet für Nachhaltigkeit 2.0
11.09.2025 Wettbewerbsvorteil statt moralischer Imperativ. Die Diskussion um die Nachhaltigkeit hat sich gewandelt. Was bedeutet das für die Ausbildung von Fachkräften? Augenschein im MAS Nachhaltige Transformation.
Das Wichtigste in Kürze:
-
Die öffentliche Diskussion um Nachhaltigkeit ist im Wandel. Statt moralischer Pflicht rücken wirtschaftliche Vorteile in den Vordergrund
-
Mit dem MAS Nachhaltige Transformation bietet die BFH einen Studiengang, der auf diese Herausforderungen vorbereitet
-
Dieser Artikel ist Teil einer Serie der Berner Fachhochschule, die ihre Expertise zum Thema Nachhaltige Transformation beleuchtet.
Der Berner Viktoriaplatz an einem Frühsommertag, kurz vor elf. Ein Velo-Korso biegt um die Ecke. Das Ziel: das Lager von Rework in der Lorraine. Das innovative Start-up im Textilbereich ist Teil einer Exkursion im MAS Nachhaltige Transformation. Aus Altkleidern neue Kollektionen schneidern ist das Metier des Berner Start-ups. Bereitwillig steht Gründer und Co-Geschäftsführer Kaspar Schlaeppi den Studierenden Red und Antwort zum Geschäftsmodell, Herausforderungen und nächsten Plänen.
Begonnen hat die Ausfahrt an diesem Morgen bei Teil.style, einem weiteren Berner Start-up, das Kleidung im Abonnement verleiht. Den Abschluss wird ein Besuch bei der Äss-Bar machen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Brot und Backwaren vom Vortag zu verkaufen, um Food Waste zu vermeiden. Wieder erhält die Gruppe Einblick ins Geschäftsmodell – nachhaltiges Z’Mittag inklusive. Velos, Second Hand und bewusste Ernährung. Nichts Neues also im Bereich Nachhaltigkeit? Mitnichten. Denn der Diskurs um die Nachhaltigkeit hat sich gewandelt.
Nachhaltigkeit als Zukunftsfitness
«Die traditionelle Vorstellung von Nachhaltigkeit – als reine Regulierungspflicht oder moralischer Imperativ – verliert an Bedeutung», erklärt Studiengangleiterin Prof. Dr. Marie Peskova. Hintergrund ist die geänderte Weltlage. In globaler Perspektive rücken derzeit Anliegen wie Sicherheit und Wirtschaftswachstum in den Vordergrund.
Sustainability Science Forum
Die BFH ist Host des Sustainability Science Forum 2025. Das Sustainability Science Forum ist ein Treffpunkt und Diskussionsraum für eine Zukunftsgestaltung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung und richtet sich an Menschen aus Wissenschaft, Politik/Verwaltung, Wirtschaft, Kunst & Kultur, Zivilgesellschaft usw. Es findet am 26.11.2025 in Bern zum Thema «Einen gerechten Wandel hin zur Netto-Null-Gesellschaft gestalten» statt.
Dennoch – oder gerade deshalb – bleibt Nachhaltigkeit aktuell, ist Marie Peskova überzeugt. «In einer neuen, unternehmerisch geprägten Perspektive wird Nachhaltigkeit zunehmend als strategischer Wachstumspfad verstanden, als Motor für Innovation und als Ausdruck echter Zukunftsfähigkeit. Nicht reine Ideologie steht im Mittelpunkt, sondern unternehmerische Weitsicht.» Nachhaltigkeit 2.0 sozusagen.
Wir müssen in allen Berufsgruppen und auf allen Ebenen Forschung und Innovation vorantreiben.
Handfeste Themen auf dem Stundenplan
Folgerichtig stehen im MAS Nachhaltige Transformation mit Lieferketten und Berichterstattungspflichten auch handfeste betriebswirtschaftliche Themen auf dem Stundenplan. «Die Teilnehmenden kommen teils aus Unternehmen, die sich durchaus schon länger mit der Nachhaltigkeit beschäftigen und nun merken, dass es einen systematischeren Ansatz braucht und mehr Wissen, z.B. zu Reportingrichtlinien und den sich ändernden Rahmenbedingungen», so Marie Peskova.
«Dank dem modularen Aufbau wählen die Teilnehmenden aus einem vielfältigen Angebot von Inhalten und geben ihrer Weiterbildung so das individuell passende Profil.» Entsprechend kommen auch die MAS-Teilnehmenden aus verschiedensten Bereichen – von der Lebensmittelindustrie über den Tourismus bis hin zur öffentlichen Verwaltung.
Breites Fächerangebot, individuelle Wahlmöglichkeiten
«Der MAS bietet die Breite, die nachhaltige Transformation braucht. Wir müssen in allen Berufsgruppen und auf allen Ebenen Forschung und Innovation vorantreiben. Dieser MAS bietet genau diese Möglichkeit, sich Wissen und Fähigkeiten inklusive Praxisbezug anzueignen, sich zu vernetzen und so die Welt neu zu denken», bestätigt denn auch die MAS-Teilnehmende Claudia Zbinden.
«Als Leiterin Nachhaltigkeit bei der BERNEXPO kann ich mein erlerntes Wissen definitiv in der Praxis umsetzen. Nebst der Vielfalt an teils unglaublich inspirierenden Dozent:innen und Mitstudierenden habe ich mir Werkzeuge angeeignet, die mich in meinem Beruf tagtäglich unterstützen».
Praxisorientierung und Nutzwert
Neben der thematischen Breite setzt der MAS vor allem auf Praxisorientierung. «Exkursionen und Praxisvorträge sind ein wichtiger Teil unseres MAS», sagt Studiengangsleiterin Marie Peskova, «denn sie bringen wichtige Einblicke in die Praxis.»
BFH-Tag 2025: Schöne neue Welt – wann und wie werden wir nachhaltiger?
11.11.2025, 17.00–19.00 Uhr – Eventfabrik, Fabrikstrasse 12, 3012 Bern
Handelskonflikte, Rohstoffknappheit, Kriegsgefahr – hierzulande längst vergangen geglaubte Sorgen setzen unsere Gesellschaft unter Druck. Dadurch werden Themen wie Umweltschutz und Klimawandel immer stärker aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch haben diese Herausforderungen nichts von ihrer Dringlichkeit verloren.
Doch wie gestalten wir die Transformation in eine nachhaltige Zukunft? Was sind die grössten Herausforderungen und wie gewinnen wir die Menschen für den Wandel auch dort, wo es sie schmerzt?
Diese und weitere Fragen diskutieren wir am BFH-Tag 2025 mit Expert*innen aus Praxis und Wissenschaft. Freuen Sie sich auf nachhaltige Einsichten und neue Ideen für Ihre eigene Tätigkeit.
Hinzu kommt die Abschlussarbeit. Diese ist ein Praxisprojekt, das über die Dauer des Studiengangs entwickelt wird, in der Regel für den eigenen Arbeitgeber. «Das kann ein Nachhaltigkeitskonzept sein oder ein Nachhaltigkeitsreporting, welches für viele Firmen mittlerweile Pflicht ist. Dadurch profitieren auch die Arbeitgeber unmittelbar von der Weiterbildung», so Marie Peskova.
Auch Teilnehmerin Claudia Zbinden weiss die Praxisorientierung zu schätzen: «Ich freue mich besonders auf weitere tolle Praxisbeispiele und Besichtigungen von Start-ups sowie die vielen inspirierenden Menschen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweise», ist ihr Fazit nach der frühsommerlichen Exkursion durch Bern.