- Story
Ein Rucksack voller Methoden für die Klient*innen-Begleitung
15.05.2025 Irene Burri schloss ihr Studium der Sozialen Arbeit mit Mitte 50 ab – als Quereinsteigerin mit Erfahrungen in KV, Gastronomie und Verwaltung. Heute arbeitet sie als Siedlungs- und Wohnassistentin in Riehen. Im Interview erklärt sie, wie Case Management sie in ihrer Arbeit weiterbringt.
Das Wichtigste in Kürze
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Mehr Struktur: Überarbeitung des Intake-Fragebogens und besserer Informationsfluss im Team.
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Bessere Gespräche: Neue Methoden stärken den professionellen Umgang mit Klient*innen.
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Zukunftsprojekt: Grundlagenpapier für Case Management in der Gemeinde erstellt.
Frau Burri, was war Ihre Motivation, den CAS-Studiengang Case Management zu besuchen?
Irene Burri: Ich arbeite seit sechs Jahren auf der Fachstelle Alter in Riehen als Siedlungs- und Wohnassistentin. Hier besuche ich die Leute zuhause, berate und begleite sie. Zudem sorge ich mit soziokulturellen Angeboten für die Gemeinschaftsbildung in einer Alterssiedlung.
Die Begleitung älterer Menschen ist teilweise sehr komplex. Es gibt immer wieder Situationen, bei denen ich eine Person über einen längeren Zeitraum unterstütze. Oft müssen dabei zuerst dringende Sachen angepackt werden, bevor ich mich um eine nachhaltige Lösung kümmern kann – etwa administrative Dinge oder ein Arztbesuch. Der Fokus liegt dabei auf dem Wunsch, möglichst lange in der angestammten Wohnung verbleiben zu können. Ein Case Management wäre hier ein super Angebot der öffentlichen Hand.

Welchen Nutzen für Ihre Berufspraxis ziehen Sie aus der Weiterbildung?
Ich habe den CAS-Studiengang erst kürzlich abgeschlossen, konnte in meiner Arbeit jedoch bereits vieles umsetzen. So konnte ich beispielsweise im Rahmen der Weiterbildung den Intake-Fragebogen überarbeiten, womit die von mir erfassten Antworten nun auch von Kolleg*innen wiederverwendet werden können – zum Beispiel bei der Abklärung für die Aufnahme in ein Pflegeheim. Dazu brauchte es etwa gemeinsame Begrifflichkeiten, die zuerst definiert werden mussten: Was ist eine Beratung, was eine Abklärung, was eine Begleitung …? Nun stehen sämtliche Informationen, Erfahrungen, Ziele oder Kontaktpersonen aus meiner Arbeit im gemeinsam genutzten Tool allen Involvierten zur Verfügung. Dadurch ist der Informationsfluss unter den Mitarbeitenden nun gewährleistet.
Auch half mir das Instrument der Auftragsklärung, mit allen Akteur*innen transparent festzuhalten, wer welche Zuständigkeiten hat und wo diese aufhören. Gerade bei der öffentlichen Hand ist diese Transparenz entscheidend, da wir niemanden bevorteilen dürfen und die Klient*innen in der Einzelfallarbeit verbindlich ins Zentrum stellen möchten.
Wie hat die Weiterbildung Ihren Umgang mit den Klient*innen verändert?
Der Schwerpunkt, der auf der Gesprächsführung lag, motivierte mich, neue Dinge auszuprobieren – zum Beispiel die «Wunderfrage». Dies ist ein Gedankenspiel, bei dem über Nacht ein Wunder geschieht und die Situation am nächsten Morgen plötzlich viel besser ist. Dabei stellt man sich vor, woran man diese Verbesserung überall erkennen würde. Dies hilft, Ziele zu setzen und Massnahmen für den angestrebten Veränderungsprozess abzuleiten.
Solche Gespräche brauchen Zeit und bei älteren Menschen ist die Energie nach einer Stunde aufgebraucht – gerade auch bei Personen, die an Demenz erkrankt sind. Hier helfen die Methoden eines Case Managements dabei, die Erkenntnisse aus dem Gespräch zu erfassen und beim nächsten Mal daran anzuschliessen.
Sehr unterstützend empfand ich auch die Reflexion über die Beziehungsarbeit während der Supervision. Sie hilft, dass man diesen Job lange machen kann und nicht ausbrennt. Wenn man so nahe bei den Menschen ist, läuft man Gefahr, Verantwortung zu übernehmen, die man nicht übernehmen müsste. Bei der Begleitung meiner Klient*innen achte ich darauf, dass sie ihre Entscheidungen gut informiert fällen. Der Entschluss liegt aber stets bei ihnen und nicht bei mir. Hier gab mir die Weiterbildung Sicherheit, meine Rolle professionell wahrzunehmen, mich auch abgrenzen zu können, damit die Dinge mich nicht zu sehr belasten.
Der CAS befähigt die Teilnehmenden auch, in ihrer Organisation ein Case Management aufzubauen. Konnten Sie in Ihrer Gemeinde hier schon etwas bewirken?
Leider konnte ich das Case Management in meiner Gemeinde bis jetzt noch nicht aufbauen. Es gibt jedoch einen klaren Bedarf für ein transparentes Angebot der öffentlichen Hand zusammen mit allen hier tätigen Akteur*innen. Als Leistungsnachweis des CAS habe ich ein entsprechendes Grundlagenpapier sowie einen Projektantrag für meine Fachstelle und meine Gemeinde verfasst. Die benötigten Ressourcen, um die betreffenden Strukturen und Rahmenbedingungen aufzubauen, sind aktuell aber leider nicht vorhanden. Das ist schade, da durch diese Investition langfristig Geld eingespart würde. Das Interesse besteht jedoch, und ich hoffe, dass ich das Projekt noch umsetzen kann. Das Papier bleibt für die Zukunft jedenfalls erhalten.