Re-Duct
Reduktion von freiheitseinschränkenden Massnahmen im Akutspital durch die präventive Involvierung von Patient*innen (Restraint reduction in acute hospital care by preventive patient involvement).
Steckbrief
- Beteiligte Departemente Gesundheit
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Institut(e)
Pflege
Akademie-Praxis-Partnerschaft Insel Gruppe/BFH - Forschungseinheit(en) Innovationsfeld Qualität im Gesundheitswesen
- Strategisches Themenfeld Themenfeld Caring Society
- Förderorganisation Andere
- Laufzeit (geplant) 01.02.2023 - 31.12.2024
- Projektleitung Dr. Silvia Thomann
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Projektmitarbeitende
Prof. Dr. Kai-Uwe Schmitt
Prof. Dr. Sabine Hahn
Prof. Dr. Dirk Richter
Karin Thomas
Sandra Siegrist-Dreier
Chantal Britt - Schlüsselwörter Akutspital, Freiheitseinschränkenden Massnahmen, Patient*innen, Pflege, Prävention
Ausgangslage
Obschon die Reduktion von freiheitseinschränkenden Massnahmen (feM) in allen Bereichen des Gesundheitswesens empfohlen wird, gibt es für das Spitalsetting nur wenig Evidenz dazu. Bisherige Reduktionsinitiativen fokussierten mehrheitlich auf die Edukation von Mitarbeitenden und der Kombination mit weiteren Massnahmen (sog. Komplexinterventionen). Die Effektivität erwies sich jedoch als sehr heterogen (oft wenig bis keine Wirkung). Im psychiatrischen Setting und in der Langzeitpflege werden Ansätze, bei denen Patient*innen aktiv in die Entscheide und die Prävention von feM involviert werden, empfohlen, wobei zumindest im psychiatrischen Setting auch entsprechende Evidenz vorliegt. Ein solcher Ansatz wurde für das Spitalsetting bisher nicht untersucht. Deshalb verfolgt dieses Forschungsprojekts das Ziel, eine proaktive und strukturierte Involvierung von Patient*innen zur Prävention von feM im Spital zu entwickeln und deren Machbarkeit und Akzeptanz zu untersuchen.
Vorgehen
Es wurde eine Pilotstudie nach einem partizipativen Aktionsforschungsdesign durchgeführt. Qualitative und quantitative Ansätze wurden angewendet, um eine Intervention zur Reduktion von feM durch die proaktive und strukturierte Involvierung von Patient*innen (im Alter von 65+) in der Schweiz zu entwickeln und zu erproben. Die Intervention umfasste die Reflexion über das potenzielle Risiko des Einsatzes von feM gemeinsam mit der*m Patient*in innerhalb von 24 Stunden nach dem Eintritt und die gemeinsame Festlegung möglicher Präventionsmassnahmen. Die Intervention wurde einen Monat lang auf einer Abteilung erprobt. Die Datenerhebung für die qualitative Evaluation umfasste Interviews mit acht Patient*innen, fünf Pflegefachpersonen, zwei Stationsleitenden und einer Pflegeexpertin. Diese Daten wurden mittels Inhaltsanalyse ausgewertet. Die Datenerhebung für die quantitative Evaluation bestand aus einer standardisierten Online-Befragung der Pflegefachpersonen und einer Extraktion von Daten aus den elektronischen Patient*innendokumentationen. Diese Daten wurden deskriptiv analysiert.
Ergebnisse
Die Auswertung umfasste die Patient*innendokumentation von 177 Patient*innen (vor bis nach der Pilotphase). Es zeigte sich, dass die Prävalenz von feM während der Pilotphase geringer war als zuvor (4,8 % gegenüber 10,2 %), obwohl eine ähnliche Anzahl von Patient*innen ein potenzielles Risiko für den Einsatz von feM aufwies (51,6 % gegenüber 53,3 %). Darüber hinaus wurden bei deutlich mehr Patient*innen mit einem potenziellen Risiko für feM Präventionsmassnahmen dokumentiert (53,1 % gegenüber 10,2 %). Aus Sicht der Pflegefachpersonen waren die Machbarkeit und Akzeptanz der Intervention nicht gegeben. Die Intervention wurde als zu zeitaufwändig und die Zielgruppe als zu unspezifisch angesehen. (Weitere Informationen https://bmcgeriatr.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12877-025-06015-3)
Ausblick
Die proaktive und strukturierte Involvierung von Patient*innen (ab 65 Jahren) in die Prävention von feM könnte ein Ansatz sein, um den Einsatz von feM im Spitalsetting zu reduzieren. Die Patient*innen äusserten sich positiv darüber, dass sie beim Eintritt durch die Pflegefachpersonen auf das Thema angesprochen wurden. Der Aufwand wurde jedoch als hoch empfunden. Um den Aufwand zu verringern, sollte eine Beschränkung der Intervention auf elektiv eintretende Patient*innen in Betracht gezogen werden.