• Blogbeitrag

Logib verstehen: Was das Lohngleichheits-Tool wirklich leistet

13.06.2025 Mit dem Analysetool Logib können Unternehmen überprüfen, ob sie Frauen und Männer für gleichwertige Arbeit gleich bezahlen. Zum feministischen Streiktag 2025 erklärt Prof. Dr.Lucia Lanfranconi im Beschaffungsblog & Podcast, welchen Nutzen Arbeitnehmende jeden Geschlechts und auch Unternehmen aus Logib ziehen können.

In der Schweiz sind Unternehmen ab 100 Mitarbeitenden dazu verpflichtet, alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse zu machen. Der Bund stellt mit Logib ein kostenloses Analysetool zur Verfügung, das nicht nur für grosse, sondern auch für kleine Unternehmen interessant ist. Die Betriebe definieren dabei selber, wie sie die verschiedenen Funktionen und Arbeitsplätze innerhalb ihrer Firma bewerten. Logib prüft anschliessend, ob die eigenen Lohnkriterien geschlechtergerecht angewendet werden – das ermöglicht faire Löhne über die ganze Unternehmensstruktur hinweg.

Je nach Unternehmensgrösse stehen von Logib zwei verschiedene Module zur Verfügung. Darüber hinaus hat Logib ein drittes Modul, welches spezifisch für junge Unternehmen wie etwa Start-Ups entwickelt wurde. Sie können es nutzen, um ein diskriminierungsfreies Lohnsystem von Grund auf neu zu entwickeln.

Im Gespräch

Autorin dieses Beitrags und Gast in unserer Podcastfolge ist Prof. Dr. Lucia M. Lanfranconi, Professorin und Fachgruppenleiterin zu Diversity, Equity & Inclusion am Institut New Work der BFH. Sie leitet ein CAS zu «Diversity, Equity & Inclusion durch Organisationsentwicklung» und berät seit über 15 Jahren Unternehmen bei der Logib-Anwendung sowie bei Fragen rund um Lohnsysteme und Lohngleichheit. Sie ist nationale Lohngleichheitsexpertin, hat die Weiterentwicklung von Logib begleitet und ein internationales Pilotprojekt mit Logib in Jordanien durchgeführt. Kürzlich hat sie für das Bundesamt für Justiz die Umsetzung der Lohngleichheitsanalysen in grossen Unternehmen zwischenevaluiert. 

Lucia Lanfranconi unterhält sich mit Rika Koch, Assistenzprofessiorin und Co-Fachgruppenleiterin an der BFH. Prof. Dr. Rika Koch verbringt gerade ein Auslandsemester in Japan – wir erreichen sie deshalb mit Zeitverschiebung in Yokohama.

Logib-Analyse: Genaues Hinsehen lohnt sich

Die Qualität der klassischen Logib-Analyse mit Tool 1 oder 2 hängt stark von der Dateneingabe ab – und deren Interpretation. Ich unterstützte Unternehmen regelmässig bei der Anwendung von Logib. Dabei helfe ich zuerst mit der technischen Datenanalyse: Werden Ausbildungen beispielsweise ungenau erfasst oder Boni nicht korrekt zugeordnet, verwässert das Resultat. Besonders herausfordernd sind Ungleichheiten, die nicht in den Daten abgebildet werden: Etwa dann, wenn zwei Mitarbeitende faktisch dieselbe Arbeit leisten, aber formell unterschiedlich eingestuft sind.

Genauso wichtig ist es aber auch, die Unternehmen darin zu unterstützen, die Ergebnisse in einen größeren Kontext zu stellen. Ein kritischer Punkt ist das Leistungsprinzip. Auf den ersten Blick wirkt es objektiv: Wer mehr leistet, soll mehr verdienen. Doch Studien zeigen, dass auch Leistungsbewertungen geschlechtsabhängig verzerrt sein können. Gerade dort, wo subjektive Einschätzungen eine Rolle spielen, etwa durch Vorgesetzte, zeigt sich: Frauen ziehen häufig den Kürzeren.

In einem dritten Schritt ist es wichtig, dass sich die Unternehmen Gedanken machen, welche konkreten Veränderungsschritte sie aus der Logib-Analyse ableiten können. Ich mache für sie also eine Art Übersetzung zwischen Statistik und Organisationsentwicklung.

Es ist wichtig, die Ungleichheit genau unter die Lupe zu nehmen, denn ein Lohnsystem kann auf unterschiedliche Weise «ungleich» sein.

  • Prof. Dr.Lucia Lanfranconi Professorin und Fachgruppenleiterin

Was tun, wenn Ungleichheiten bestehen?

Bevor ein Unternehmen konkrete Massnahmen prüft, ist es wichtig, die Ungleichheit genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Lohnsystem kann nämlich auf unterschiedliche Weise «ungleich» sein:

  • Die Ungleichheit kann nur bestimmte Abteilungen betreffen. Das ist etwa typisch in Verwaltungen, wo manchmal in gewissen Abteilungen keine, in anderen jedoch grosse unerklärbare Ungleichheiten bestehen.
  • Die Ungleichheit kann eine spezifische Gruppe von Arbeitnehmenden betreffen, die bestimmte Merkmale aufweisen. Oft habe ich gesehen, dass beispielsweise bei älteren Personen einen grössere Ungleichheit vorliegt, als bei jüngeren.
  • Die Ungleichheit kann eine bestimmte Managementstufe betreffen. Oft bestehen die unerklärten Ungleichheiten nicht bei der allgemeinen Belegschaft, sondern in den Kaderstufen.
  • Oder es ist eine bestimmte Berufsgruppe, welche zu tief entlöhnt ist. So habe ich es schon erlebt, dass ein Unternehmen seinem Reinigungspersonal den Stundenlohn aufgrund der Logib-Analyse leicht erhöht hat. Weil in der Reinigung vor allem Frauen arbeiten, hat dies das Logib-Ergebnis deutlich verbessert.

Die konkreten Massnahmen können demnach Lohnanapassungen von Einzelpersonen oder auch bestimmten Gruppen umfassen. Oft erfolgt der Angleich über mehrere Lohnperioden wird für das Unternehmen dadurch verträglich gestaltet.

Wo über Löhne gesprochen wird, bewegt sich etwas.

  • Prof. Dr.Lucia Lanfranconi Professorin und Fachgruppenleiterin

Über Löhne zu sprechen ist der erste Schritt

Lohngleichheit lässt sich nicht über Nacht erreichen. Doch jedes Unternehmen, das sich mit seinen eigenen Lohnstrukturen ehrlich auseinandersetzt, macht einen wichtigen Schritt. Ich bin überzeugt: Immer dort, wo ich die Logib-Anwendung mit Unternehmen vor Ort diskutieren konnte, sind wir bei der Lohngleichheit einen Schritt weitergekommen.

In vielen Betrieben – vor allem in der Privatwirtschaft – wird über Löhne kaum gesprochen. Solange dieses Tabu besteht, können selbst gravierende Unterschiede unentdeckt bleiben. Dabei zeigt sich immer wieder: Wo über Löhne gesprochen wird, bewegt sich etwas. Und genau das kann Logib anstossen, indem über die Logib-Resultate in der Führungsetage diskutiert wird. Unternehmen diskriminieren nämlich kaum jemals absichtlich, sondern viel häufiger, weil systematische Ungleichheiten im Alltag oft unbemerkt mitlaufen.

Internationales Interesse an Logib

Das revidierte Gleichstellungsgesetzt (GIG) gibt in Artikel 13a vor, dass Unternehmen mit mindestens 100 Mitarbeitenden alle vier Jahre eine Lohngleichheitsanalyse durchführen müssen. Vorgeschrieben ist eine wissenschaftliche und rechtskonforme Methode. Die Analyse müssen sie durch unabhängige Dritte überprüfen lassen – und sie müssen ihre Mitarbeitenden über die Ergebnisse schriftlich informieren.

Ich habe gemeinsam mit meiner Fachgruppe Diversity, Equity & Inclusion vom Institut New Work gemeinsam mit einem Team von Private Public Consulting untersucht, ob diese gesetzlichen Anforderungen von den Unternehmen umgesetzt wird. Unser Bericht zeigt auf:  Von den Unternehmen, die seit 2020 gesetzlich dazu verpflichtet wären, haben bisher weniger als die Hälfte eine Lohanalyse gesetzeskonform durchgeführt.

Dabei ist Logib längst ein anerkanntes Tool, das auch bereits international ausgezeichnet wurde: So trägt Logib Modul 1 den Public Service Award der UNO. Die Module 1 und 2 haben zudem von der Equal Pay International Coalition (OECD, ILO, UN Women) das Label «EPIC Good Practice» erhalten.

Die Tatsache, dass sich aktuell die Europäische Union, aber auch andere Länder wie Jordanien Interesse am Schweizer Logib-Modell haben, zeigt, dass der Dialog über Lohngerechtigkeit globale Relevanz hat. Wichtig ist, dass wir ihn führen – offen, faktenbasiert und mit dem Willen zur Veränderung.

Wie funktionieren die Logib-Module?

Logib ist ein vom Bund gratis zur Verfügung gestelltes Instrument, mit dem Unternehmen herausfinden können, ob sie die Lohngleichheit für Frauen und Männer einhalten. Es gibt zwei Anwendungsvarianten sowie ein neues drittes Modul.

«Logib 1»

Logib 1 ist geeignet für Unternehmen ab 50 Mitarbeitenden. Dabei wird der Lohn vonFrauen und Männern Variablen wie Ausbildung, Dienstalter, Erfahrung oder Stellung gegenübergestellt. Logib 1 ermittelt mittels einer Regressionsanalyse, welcher Teil der Lohndifferenz in einem Unternehmen nicht durch die objektiven Faktoren erklärt werden kann.

«Logib 2»

Logib 2 basiert auf einer Bewertung aller Arbeitsplätze in einem Unternehmen in Bezug auf Anforderungen und Belastungen. Auch hier werden Variablen wie Ausbildung, Dienstalter usw. einbezogen. Logib 2 zeigt auf, welches die komplexesten, belastendsten, die höchste Ausbildung erfordernden oder einfachsten Arbeitsplätze in der Firma sind. Diese Rangfolge der Arbeitsplätze kann dann mit der Lohnrealität verglichen werden. So zeigt sich, ob es in der Firma ein Risiko gibt, weniger zu verdienen, als aufgrund der objektiven Kriterien zu erwarten wäre – und ob dieses Risiko eines der Geschlechter verstärkt trifft.

«Logib Lohnystem»

Logib Lohnystem hilft den Unternehmen, ein faires und transparentes Lohnsystem zu entwickeln.

Schulungen und Beratung

Es gibt regelmässige Schulungen zu Logib: www.weiterbildung-lohngleichheit.ch

Bei Fragen und Unterstützung rund um Lohngleichheitsanalysen oder Logib können Sie sich bei Prof. Dr. Lucia Lanfranconi via E-Mail melden.

Mehr erfahren

Fachgebiet: Public Sector Transformation