Die Macherin: Rahel Ryf

15.08.2019 Rahel Ryf hat sich mit ihrem ersten eigenen Unternehmen das Studium an der BFH finanziert – indem sie Hundekleidung verkaufte. Heute ist sie CEO ihres eigenen erfolgreichen Ticketing-Unternehmens.

Was haben Sie an der BFH studiert?

Ich habe an der BFH den Bachelorstudiengang Wirtschaftsinformatik mit Vertiefung in E-Government und Online Business im Jahr 2014 abgeschlossen. Auch den Master in Business Administration habe ich an der BFH gestartet. Wobei ich jedoch für die letzten beiden Semester nach Luzern gewechselt habe. 

Was haben Sie aus dem Studium an der BFH mitgenommen?

Das Kombinieren von Wissen aus Betriebswirtschaft und Informatik für eine lösungsorientierte Umsetzung ist mein tägliches Brot, dessen Grundlagen mir an der BFH gelehrt wurden. Im interdisziplinären Studium habe ich Informatikkompetenzen mit Managementfähigkeiten erworben. Die Wahlmodule haben mir erlaubt, auf die für mich besonders spannenden Gebiete «E-Government» und «E-Business» zu fokussieren. Bis heute begeistere ich mich für das abstrakte Denken und Lösen von komplexen Problemen sowie Kreativität auf der Suche nach der besten Lösung. Die Tools dafür wurden mir während des Studiums mit auf den Weg gegeben.  Und nicht zuletzt habe ich während meiner Studienzeit mit Kolleg*innen die tipo ticketing GmbH gegründet, welcher ich bis heute als Geschäftsführerin treu geblieben bin.

Was hat Ihnen rückblickend während Ihrer Studienzeit an der BFH gefehlt? 

Ich bin eine «Macherin». Lösungs- sowie umsetzungsorientiert und effizient zu handeln ist für mich selbstverständlich. Aus diesem Grund habe ich mich für eine Fachhochschule und gegen eine Universität entschieden. Leider wurde mein unternehmerisches Denken an der BFH wenig gefördert. Wenn überhaupt, war es nur unter erschwerten Bedingungen möglich, eigene Themen und Start-up-Ideen einzubringen. Ich bin jedoch sicher, dass sich diesbezüglich an der BFH seit meinem Abschluss einiges getan und ein Umdenken stattgefunden hat.

Das Kombinieren von Wissen aus Betriebswirtschaft und Informatik für eine lösungsorientierte Umsetzung ist mein tägliches Brot, dessen Grundlagen mir an der BFH gelehrt wurden.

Rahel Ryf
Rahel Ryf Start-up Gründerin

Sie haben Ihr eigenes Start-up gegründet. Wie sind Sie auf die Idee gekommen und wie hat sich das Start-up entwickelt?

Tipo ist ein Berner Spezialanbieter im Bereich Ticketing für Events und Skigebiete in allen Grössenordnungen. Ergänzend zu weit verbreiteten Fixpreistickets können auf der Plattform Ticketpreise unter Berücksichtigung beliebiger, selbst definierter Einflussfaktoren, dynamisch in Echtzeit berechnet werden, um so Skigebiete und Veranstaltungen optimal auszulasten. Durch die Nutzung des innovativen Pricing-Logarithmus gelingt es tipo mehr Gäste an Events und in die Berge zu bringen und so eine Win-win-Situation für Veranstalter*innen und Ticketkäufer*innen zu schaffen. Die attraktiven, sehr tiefen Gebühren runden das Angebot ab.
Beim dynamischen Pricing hat tipo Pionierarbeit geleistet und als erstes Ticketing Unternehmen Europas meteo-dynamisches Pricing angeboten. Das Vorhaben wurde von der Kommission für Technologie und Innovation, KTI gefördert.

 

Wir selbst waren damals aus Veranstalter*innen- und Kund*innensicht mit den bestehenden Ticketing-Angeboten auf dem Markt nicht glücklich. Aus dieser Unzufriedenheit haben wir uns zusammengeschlossen – mit dem Ziel es besser zu machen.

 

Der erste Gedanke zum Thema dynamisches Pricing ist noch während des Wirtschaftsinformatikstudiums entstanden. In enger Zusammenarbeit mit vielen Veranstalter*innen und Kund*innen haben wir tipo geschaffen. Heute sind wir nun an einem Punkt angelangt, an dem wir sagen können, dass wir den Veranstalter*innen genau das bieten können, was wir vor vier Jahren auf dem Markt nicht gefunden haben. Die verkauften Tickets, deren Wert mittlerweile im zweistelligen Millionenbereich liegt, motivieren unser Team jeden Tag aufs Neue. 

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf als CEO eines Start-ups?

Es bereitet mir grosse Freude Vorhaben zu planen, zu entwickeln, einzuführen, etwas Neues aufzubauen und die Vordenkerinnenrolle zu übernehmen.  Der Schlüssel für die tägliche Motivation liegt in jeder Person selbst. Ich versuche, wenn immer möglich, negative Einflüsse zu minimieren und aufs Positive zu fokussieren. Als Gründerin sollte nicht nur ich voller Energie sein, sondern ich muss auch andere «energetisieren». Organisationseinheiten weiterzuentwickeln, neue Geschäftsopportunitäten zu identifizieren und diese bis zur Marktfähigkeit zu bringen, ist meine Leidenschaft! Schlagkräftige Organisationen mitzugestalten, ist spannend!

 

Herausfordernde und kreative Aufgaben, die viel Energie, Eigeninitiative, Dynamik, Freude und Organisationstalent erfordern, passen sehr gut zu meinen Fähigkeiten und meiner Persönlichkeit.

 

Als Geschäftsführerin der tipo ticketing GmbH bin ich von der Ideenentwicklung, bis zur Umsetzung und dem erfolgreichen Betrieb in federführender Position. Es bereitet mir grosse Freude, Vorhaben zu planen, zu entwickeln, fristgerecht einzuführen, neue Bereiche aufzubauen, intern sowie extern zu koordinieren und die Vordenkerinnenrolle zu übernehmen. Mich motiviert die Freiheit, die man als Unternehmerin hat. Ich habe mir vor kurzem erlaubt, einen Monat aus der Ferne als digitale Nomadin zu arbeiten. Es ist grandios und wahnsinnig motivierend, wenn man einfach auch mal vier Wochen aus Thailand, Bali und Myanmar arbeiten kann.

Gegen das Fehlschlagen eines Plans gibt es für mich keinen besseren Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen.

Rahel Ryf
Rahel Ryf Start-up Gründerin

War der Weg in die Selbständigkeit schon immer Ihr Ziel? 


Ich glaube, in meinem Fall war es das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung durch die Umsetzung einer eigenen Idee. Schon als kleines Kind bin ich mit meiner Freundin von Haustüre zu Haustüre gezogen, um gesammelte Steine, Blumensträusschen oder Ostereier an die Nachbarschaft zu bringen. Damals waren es aber noch Tauschgeschäfte: Wir haben im Gegenzug meistens Süssigkeiten erhalten.

 

Im Jahr 2005 habe ich unter hundekleider.ch mehrere Jahre den ersten Schweizer Onlineshop für Hundebekleidung und Accessoires betrieben. Da ich von der Entwicklung der Website bis zum Direktimport der Waren aus Asien und die Logistik in der Schweiz für alle Bereiche selbst verantwortlich war, habe ich viel über E-Commerce gelernt. Zu einem späteren Zeitpunkt habe ich die Erweiterungen des Webshops in Indien entwickeln lassen und gelernt, mit welchen Herausforderungen man beim Offshoring von Programmierleistungen konfrontiert ist. Dieser Shop wurde oft belächelt. Mit dem Gewinn darus konnte ich jedoch meine Studiengebühren und Bücher finanzieren und hatte die Chance, das in der Theorie Gelernte in der Praxis direkt anzuwenden.

 

Später habe ich mit meiner Schwester «Sarah's Backstudio» gegründet. Statt nur zu Hause in der eigenen Küche zu backen, habe ich meine Schwester dazu bewegt ihr Know-how gemeinsam mit mir an die vielen Interessenten in Form von Kursen weiterzugeben. Insgesamt haben über 500 Personen im angemieteten Backstudio an unseren Kursen teilgenommen. Aus Zeitknappheit unsererseits und dem nicht abnehmenden Interesse, haben wir ein Franchising-Konzept ausgearbeitet und die Kurse während des letzten Jahres nicht mehr selbst durchgeführt.

Was war auf Ihrer beruflichen Laufbahn Ihr prägendstes Ereignis?

Mein grösstes Learning: Versagen ist unerlässlich. Ich bin aus dem Büro raus, habe das Ticketing-Gebiet untersucht, Annahmen gemacht, diese validiert, erneut versucht und geschaut was passiert und wieder daraus gelernt und wieder versucht ... Gegen das Fehlschlagen eines Plans gibt es für mich keinen besseren Trost, als auf der Stelle einen neuen zu machen.

Sind Sie Mitglied in einer Alumni-Organisation? Was ist für Sie ein Mehrwert der Alumni-Arbeit an Hochschulen?

Nein, leider nicht. Eure Anlässe sind spannend und ich vernehme im Newsletter davon. Mein aktuelles Arbeitspensum und auch die Mitwirkung in anderen Organisationen erlaubt mir jedoch bedauerlicherweise keine Teilnahme an weiteren regelmässig stattfindenden Anlässen.

 

Ich habe mir persönliche Ziele gesetzt, um meinen Lebensstil zu verbessern und besser auf mich selbst aufzupassen, damit ich auch mal Zeit für mich und mein nahes Umfeld habe. Ein ausgewogener Lebensstil hilft mir, die täglichen Herausforderungen leichter zu meistern, und die Achterbahnfahrt des Unternehmertums, auch wenns mal drunter und drüber geht, mit Freude auf mich zu nehmen.

Welchen Rat geben Sie künftigen und aktuellen Studierenden mit auf den Weg?

Alles, was du mit deinem Verstand erdenken und glauben kannst, das kannst du auch erreichen.