Der digitale Revisor: Henry Bühler

02.09.2018 BFH-Alumnus und Betriebsökonom Henry Bühler hat mit seinem Bruder eine Software für die Wirtschaftsprüfung entwickelt und die erste digitale Revisionsfirma der Schweiz gegründet.

Porträt Henry Bühler
«NIE aufgeben. Sei es im Studium oder beruflich. Man sollte Niederlagen immer positiv sehen, schliesslich kann man aus Fehlern viel lernen», sagt Henry Bühler.

Was haben Sie an der BFH studiert und wann haben Sie Ihr Studium abgeschlossen?

Ich habe Betriebsökonomie mit Fachrichtung Accounting und Controlling studiert. Mein Studium habe ich im Jahr 2015 abgeschlossen.

Was haben Sie aus dem Studium an der BFH mitgenommen?

Die BFH ist sehr praxisorientiert. Alles, was ich während meines Studiums gelernt habe, konnte ich direkt in der Arbeitswelt einsetzen. Insbesondere die Module Rechtslehre und Accounting haben mir sehr in meiner Karriere in der Wirtschaftsprüfung geholfen. Ich war in der Lage spezifische Fragen über Schweizer Recht beantworten zu können, was für die Revisionskunden sehr wichtig war.

Was hat Ihnen rückblickend während Ihrer Studienzeit an der BFH gefehlt?

Damals haben wir uns nicht viel mit Data Analytics und künstlicher Intelligenz auseinandergesetzt. In der heutigen Wirtschaftswelt ist es jedoch sehr wichtig, dass man sich gut mit Data Analytics auskennt, da viele Entscheidungen auf Daten basieren, die nicht direkt ersichtlich sind.

Zusammen mit Ihrem Bruder haben Sie diesen Sommer das Start-up indagia ag gegründet. Was hat Sie dazu bewegt, diesen Schritt in die Selbständigkeit zu wagen?

Ich habe während mehreren Jahren in der Wirtschaftsprüfung gearbeitet und dabei mehrere Unternehmen im Inland und Ausland geprüft. Dabei habe ich bemerkt, wie wenig sich die Leute in der Wirtschaftsprüfung mit Data Analytics auseinandersetzen. Viele Entscheidungen von Wirtschaftsprüfer*innen hängen von Daten ab, die sie selber nicht hundertprozentig analysiert haben, obwohl dies technisch gesehen heute möglich ist.

Mein Bruder war ebenfalls in der Wirtschaftsprüfung tätig. Da wir uns schon seit Jahren mit Python-Programmierung und Internet Computing gut auskennen, haben wir entschieden eine Software für Revisor*innen zu entwickeln, die verschiedene Aufgaben automatisiert. Schliesslich wollten wir immer Unternehmer werden und das war auch wichtig, um indagia AG zu gründen.

Die BFH ist sehr praxisorientiert. Alles, was ich während meines Studiums gelernt habe, konnte ich direkt in der Arbeitswelt einsetzen.

Henry Bühler
Henry Bühler digitale Revisor

Gab es kritische Phasen auf dem Weg zum eigenen Unternehmen? Wie habt Ihr diese überwunden?

Eine Geschäftsidee zu verwirklichen, ist nicht einfach. Man braucht Mut und man muss den Markt sehr gut kennen. Da mein Bruder über eine Zulassung als Revisionsexperte und ich über eine Zulassung als Revisor verfügen, können wir die Kund*innen direkt ansprechen. Zuerst wollten wir natürlich unsere bisherigen Stellen nicht ganz aufgeben. Ein Unternehmen aufzubauen braucht aber viel Zeit, und das war ein kritischer Punkt für uns. Wir haben uns deshalb entschieden, unsere Stellen zu kündigen, um mehr Zeit für die Entwicklung zur Verfügung zu haben. Wir waren überzeugt, dass es sich lohnen wird. Ausserdem wollen die Investor*innen Commitment sehen und Teilzeit-Unternehmer sind daher nicht gewünscht. Das ist aus meiner Sicht auch verständlich, denn die Investor*innen gehen viele Risiken ein. Heute haben wir die gewünschte Unterstützung von privaten Investor*innen und vom Bund.

Was war Ihr bisher grösster beruflicher Erfolg?

Mein bisher grösster beruflicher Erfolg war meine Arbeit als Financial Controller bei einer international tätigen Unternehmensgruppe, wo ich für die Finanzen der HQ-Gesellschaften und M&A zuständig war. In nur 10 Monaten habe ich viele neue Prozesse eingeführt, die das Controlling auf Gruppenebene und die Koordination der Tochtergesellschaften in Europa wesentlich verbessert haben. Dazu habe ich an zwei grossen Akquisitionen sowie an der externen Refinanzierung der Gruppe mitgewirkt, wo ich Einfluss nehmen konnte. Beim Verlassen des Unternehmens hatte der CFO der Gruppe mir schliesslich für meine «hervorragende» Arbeit gratuliert, was für mich eine Überraschung war. Er wusste, dass ich gehe, trotzdem hat er mich nicht aufgehalten, weil er einst selber Unternehmer war und er wollte, dass ich mich selbst verwirkliche.

Sind Sie Mitglied in einem Alumni-Verein? Wenn ja, in welchem?

Ja, ich bin Mitglied in der Alumni BFH Wirtschaft.

Was ist für Sie der Mehrwert einer Alumni-Mitgliedschaft?

Die Alumni-Mitgliedschaft hilft mir, den Kontakt mit der BFH nicht zu verlieren. Obwohl ich mittlerweile in Pfäffikon, Schwyz wohne, fühle ich mich sehr mit Bern und mit der BFH verbunden.

Welchen Rat geben Sie künftigen und aktuellen Studierenden mit auf den Weg?

NIE aufgeben. Sei es im Studium oder beruflich. Man sollte Niederlagen immer positiv sehen, schliesslich kann man aus Fehlern viel lernen. Es ist wie eine Selbstreflexion. Ich selbst hätte beinahe mein Studium an der BFH abgebrochen, weil ich damals das erste Jahr wiederholen musste. Trotzdem habe ich aus meinen Fehlern gelernt und mittlerweile hat sich das gelohnt.

Wie lautet Ihr Lebensmotto?

Ich lebe mein Leben nach der Kaizen-Philosophie. Man ist nie perfekt, aber man kann alles immer zum Besseren verändern.