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Nachhaltige Ernährung: Jung und Alt im Dialog

14.05.2025 Was können Jugendliche und Senior*innen über nachhaltige Ernährung voneinander lernen? Ein Forschungsprojekt der BFH setzt auf den Dialog zwischen Generationen rund ums Essen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Senior*innen wissen viel darüber, wie man Lebensmittel lagert, haltbar macht und zubereitet.
  • Jugendliche repräsentieren aktuelle Ernährungsgewohnheiten.
  • Ein Forschungsprojekt will über den Dialog der Generationen nachhaltige Ernährung fördern.
  • Differenzierte Altersbilder und die soziale Teilhabe beider Generationen sind weitere Ziele.

«Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen», besagt ein altes Sprichwort. Es bringt in prägnanter Form zum Ausdruck, wie wichtig Ernährung für die Gesundheit von uns Menschen ist. Doch ihre Bedeutung geht weit darüber hinaus. Ernährung hat auch einen Einfluss auf unser Sozialleben und die Umwelt.

«Eine genussvolle, gesunde und nachhaltige Ernährung betrifft alle Menschen in unserer Gesellschaft», hält Franziska Scheidegger-Balmer fest. Die Ernährungswissenschaftlerin leitet ein Forschungsprojekt an der BFH, das einerseits den Austausch von Wissen und anderseits den Dialog zu guter und ressourcenschonender Ernährung zwischen Senior*innen und Jugendlichen fördern will.

Bei den Gewohnheiten ansetzen

Beide Generationen sollen gemeinsam und gleichberechtigt ihren Umgang mit Nahrungsmitteln und Essen in das Projekt einbringen. Dadurch würden die Verhaltensweisen und Bedürfnisse der Menschen aus den zwei Altersgruppen gegenseitig sichtbar, erklärt Franziska Scheidegger-Balmer: «Wenn wir bei den Gewohnheiten ansetzen, lässt sich an der Art der Ernährung am ehesten etwas ändern.»

Wenn wir bei den Gewohnheiten ansetzen, lässt sich an der Art der Ernährung am ehesten etwas ändern.

  • Franziska Scheidegger-Balmer Ernährungswissenschaftlerin

Dafür setzt das Forschungsteam auf den Austausch zwischen Alt und Jung. «Die Nachkriegsgeneration verfügt über vielfältige Kompetenzen, wie Lebensmittel haltbar gemacht, Reste sinnvoll verwertet und die Verschwendung von Essen vermieden werden kann», führt Franziska Scheidegger-Balmer aus. Die Jugendlichen wiederum stünden für aktuelle Ernährungstrends.

Der Dialog zwischen ihnen soll dazu führen, dass die Gruppen voneinander profitieren und sich gegenseitig Denkanstösse vermitteln. Dieses Vorgehen biete die Chance, dass die Integration des über nachhaltige Ernährung gewonnenen Wissens in den Alltag der Beteiligten gut gelinge, erläutert die Projektleiterin.

Ermutigendes Vorprojekt

Zusammenbringen wollen die Forschenden junge und ältere Generationen im Berner Quartier Bümpliz. Die dortige Oberstufenschule hat sich für eine Teilnahme am Projekt mit der modern klingenden Bezeichnung «Social Kitchen» gewinnen lassen. Die Senior*innen hoffen Franziska Scheidegger-Balmer und ihre Kolleg*innen ebenfalls im Quartier zu finden.

In einem Vorprojekt mit zehn Schüler*innen und einer Handvoll Senior*innen aus Bümpliz haben die Forschenden ermutigende Erfahrungen gemacht. Nach anfänglicher Zurückhaltung der Jugendlichen sei ein angeregter Dialog zwischen den Generationen entstanden, betont Franziska Scheidegger-Balmer.

So etwas Feines habe ich in der Schule noch nie gegessen.

  • Teilnehmender Schüler Projekt «Social Kitchen»

Sie erzählt von einem Mittagessen, das die Jugendlichen und Senior*innen gemeinsam kochten – ausschliesslich mit mitgebrachten Essensresten. Dadurch sei die Kreativität der Beteiligten angeregt worden, und sie hätten mit Begeisterung ein schmackhaftes Menü auf den Tisch gezaubert.

Die Beteiligten hätten den Anlass als ebenso bereichernd wie gemütlich erlebt. Bezeichnend war für die Projektleiterin die Reaktion eines Schülers, der freudestrahlend zu ihr gesagt habe: «So etwas Feines habe ich in der Schule noch nie gegessen.»

Interessant war für sie auch zu sehen, wie ein Dialog zu einem einzelnen Thema wie beispielsweise Proteine entstanden sei. Die Jugendlichen hätten darin eine Substanz für mehr Kraft und Ausdauer gesehen, die Senior*innen ein Mittel, um die Beweglichkeit zu fördern und den Muskelabbau zu bremsen. Das Gespräch habe beiden Seiten gezeigt, dass unterschiedliche Betrachtungsarten ein Bild vervollständigen könnten, so Franziska Scheidegger-Balmer.

Differenzierte Sicht auf Altersbilder

Eine differenzierte Sichtweise auf die jeweiligen Altersbilder ist denn auch ein weiteres Ziel, welches das Forschungsteam mit dem Projekt verfolgt. Denn der Blick von Jugendlichen und Senior*innen auf die andere Altersgruppe sei oft von Stereotypen durchsetzt, erwähnt Franziska Scheidegger-Balmer. «Jugendliche sehen ältere Menschen als wenig technologieaffin oder körperlich eingeschränkt, Senior*innen halten junge Leute für wenig verantwortungsbewusst und abhängig von digitalen Medien.»

Wir planen Schulbesuche von Senior*innen ein, die ihre Erfahrungen an die Klasse weitergeben und mit dieser das Gespräch zu nachhaltiger Ernährung führen.

  • Franziska Scheidegger-Balmer Ernährungswissenschaftlerin

Die direkte Zusammenarbeit helfe, solche Vorurteile abzubauen und die Menschen der anderen Generation als kompetente Partner*innen zu erleben, betont Franziska Scheidegger-Balmer. Dadurch entstehe eine gute Grundlage für gegenseitigen Respekt und Anerkennung. Insbesondere Kochen und Essen als soziale Handlungen seien dafür besonders gut geeignet: «Junge und Ältere erhalten durch den Austausch über das Essen eine tolerantere Sichtweise der anderen.»

Überdies biete das Projekt auch eine Möglichkeit, um die soziale Teilhabe zu stärken, sowohl von Senior*innen, deren Leben nicht selten von Isolation oder gar Einsamkeit dominiert sei, als auch von Jugendlichen, die mit ihren Problemen oft alleine blieben, merkt die Projektleiterin an.  

Programm für Schulen als Ziel

Franziska Scheidegger-Balmer erwartet von der Studie einen vertieften Austausch von Erfahrungen und Meinungen zwischen den Generationen. Mit diesen plant das Forschungsteam – unter Einbezug geeigneter Lehrmittel und Bildungsprogramme – ein Angebot zu erarbeiten, das Oberstufenschulen für ihren Unterricht zum Thema nachhaltige Ernährung einsetzen können.

Darin wird der persönliche Austausch eine gewichtige Rolle haben, wie die Projektleiterin ausführt. «Wir planen Schulbesuche von Senior*innen ein, die ihre Erfahrungen an die Klasse weitergeben und mit dieser das Gespräch zu nachhaltiger Ernährung führen.» Dabei soll es allerdings nicht um einseitige Wissensvermittlung gehen. «Auch die Jugendlichen werden ihre Kenntnisse gleichwertig einbringen können», unterstreicht Franziska Scheidegger-Balmer. Ein Dialog, der beiden Seiten Impulse für gesundes Essen geben soll.

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