Uhrenfirma auf Erfolgskurs: auch dank des Know-hows der BFH-TI

11.09.2025 Von Semesterprojekten über Bachelorarbeiten zum Industry Fellowship: Die Zusammenarbeit zwischen dem Uhrenhersteller Christopher Ward und der BFH-TI hat sich laufend weiterentwickelt. Zurzeit nimmt der Masterstudent Jan Bloch als «Industry Fellow» die Lieferkette der Uhren genauer unter die Lupe.

Die Uhrenmarke Christopher Ward war ihrer Zeit voraus: 2004 setzten die drei Gründer aus England auf ein Online-only-Geschäftsmodell. Zudem setzten sie sich die Maxime, dass der Verkaufspreis höchstens drei Mal so hoch sein darf wie die Produktionskosten. Dafür verzichteten sie auf Verkaufsflächen und kostspielige Testimonial-Werbepartnerschaften. Der gute Geschäftsgang ermöglichte es der Firma, ein eigenes mechanisches Uhrwerk zu entwickeln. Seit 2022 das Uhrenmodell C1 Bel Canto (siehe Foto) auf den Markt kam, hat sich der Umsatz der Firma verdreifacht.

Hergestellt wurden die Uhren von Beginn an in der Schweiz. 2014 fusionierten die Firmenbesitzer aus England mit den Herstellern Synergies Horlogères in Biel. Damals leitete Jörg Bader sen. die Schweizer Firma, heute ist sein Sohn Jörg Bader jun. als Product Director und Geschäftsleitungsmitglied bei Christopher Ward tätig. Über ihn kam auch die Zusammenarbeit mit der BFH-TI zustande: Als er das DAS Innovation an der BFH-TI in Bern absolvierte, nahm er die Chance wahr, die Expertise der Hochschule zu nutzen. «Es war eine logische Konsequenz, Studierende der BFH an echten Fragestellungen von Christopher Ward arbeiten zu lassen», sagt Bader.

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Jan Bloch hat in seiner Bachelorarbeit Polierverfahren für die komplexen Einzelteile von Uhren verglichen – wie hier der C1 Bel Canto Classic von Christopher Ward. (Fotos: zVg)

Expertise der Hochschule

Eine Bachelorarbeit hatte zum Thema, die Lieferkette des Uhrenherstellers transparenter und resilienter zu machen. In einer weiteren ging es um eine produktbezogene Klanganalyse: Die C1 Bel Canto gibt zu jeder vollen Stunde einen glockenähnlichen Ton von sich. Damit jede Klangfeder vor dem Einbau ins Uhrengehäuse möglichst gleich tönt, entwickelte der Student einen Prüfstand, der den Klang mit einem Mikrofon aufzeichnet und das Frequenzspektrum grafisch darstellt. So kann der Klang nach objektiven Kriterien verglichen werden.

«Als KMU ist man immer aufs Kerngeschäft fokussiert», sagt Jörg Bader jun., «deshalb bleibt oft gar keine Zeit, sich mit einem spezifischen Thema in dieser Tiefe auseinanderzusetzen.» Bei Christopher Ward habe man selbst keine Klang-Spezialist*innen im Haus. Auch sei es im Arbeitsalltag nicht möglich, in jedem Bereich die neusten Trends und Studien auf dem Radar zu haben: «Die BFH ist jedoch immer auf dem neusten Stand der Forschung – davon können KMU stark profitieren!» Deshalb hat der Product Director zugestimmt, einen sogenannten «Industry Fellow» bei Christopher Ward aufzunehmen: Jan Bloch hat 2023 die vierte Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit dem Uhrenhersteller verfasst. Nun absolviert er den Master of Science in Engineering (MSE) mit Spezialisierung in Business Engineering (Wirtschaftsingenieurwesen) und ist nebenbei zu 50 Prozent bei der BFH-TI angestellt. Diese Zeit verbringt er im Rahmen des Industry Fellowships bei Christopher Ward vor Ort. Ein solches Arrangement ermöglicht den Unternehmen, eine enge Bindung zu Studierenden aufzubauen – was in Zeiten des Fachkräftemangels ein Vorteil ist. Die Studierenden ihrerseits können wertvolle Praxiserfahrungen sammeln.

«Die BFH ist immer auf dem neusten Stand der Forschung – davon können KMU stark profitieren!»

  • Jörg Bader Product Director Christopher Ward

«Das Studium und der Job ergänzen sich sehr gut – ich kann Synergien nutzen und die Theorie gleich anwenden», erklärt der 25-jährige Lysser. Er denke bei der Uhrenfirma die gesamte Wertschöpfungskette durch, suche nach Verbesserungspotenzial und treffe konkrete Abklärungen – «das Kernbusiness eines Wirtschaftsingenieurs», sagt Bloch. Christopher Ward habe eine sehr komplexe Lieferkette und zahlreiche Partner, da eine mechanische Uhr aus rund 150 Einzelteilen bestehe. «Es geht um Materialbeschaffenheit, Bearbeitungsverfahren und Beschaffung – da helfen mir die Grundlagen aus dem Studium enorm», erklärt er.

Jan Bloch
Jan Bloch arbeitet als «Industry Fellow» vor Ort bei Christopher Ward.

Verschiedene Polierverfahren

Ein Bearbeitungsverfahren hat Bloch bereits in seiner Bachelorarbeit unter die Lupe genommen. Ein zeitaufwändiger Teil in der händischen Uhrenherstellung ist das Polieren. Deshalb hat der Masterstudent über ein Dutzend Verfahren ausgewertet und danach drei spezifisch für die Uhrenindustrie analysiert: Elektropolieren, CNC-Polieren und robotergesteuertes Polieren. Das Resultat: Keines der Verfahren kann zurzeit die gesamte Polier-Arbeit übernehmen. «Die dreidimensionalen Geometrien der kleinen Teile sind sehr komplex – sie haben Abrundungen und Kanten, die nur teilweise poliert werden sollen», erklärt er. Er empfiehlt in der
Bachelorarbeit, gewisse Vorarbeiten des Polierens an einen Partner auszulagern. Dazu seien aber noch Studien mit konkreten Lieferanten durchzuführen. Erst dann sehe man die definitiven Auswirkungen auf Zeit, Kosten und Qualität.

Jan Bloch freut es, dass er nun als Industry Fellow bei Christopher Ward arbeiten kann. «Die Praxisnähe war für mich einer der Hauptgründe für meine Studienwahl.» Momentan befassen sich die Uhrenfirma und die BFH-TI gemeinsam mit der Universität St. Gallen und anderen Partnern im Rahmen des Innosuisse-Projekts «Supply Chain Evolution» mit der Weiterentwicklung von Lieferketten. Die Zusammenarbeit geht also weiter. Und was trägt Jan Bloch am Handgelenk? Eine Christopher Ward Sealander mit weissem Zifferblatt. Keine Frage: Er ist ganz beim Industriepartner angekommen.

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