«Solange Menschen wirtschaften, gibt es in der Maschinentechnik etwas zu tun»

11.09.2025 Digitalisierung und Automatisierung beeinflussen die Berufsbilder im Maschinenbau. «Informatik spielt eine immer wichtigere Rolle», sagt Axel Fuerst, Leiter Maschinentechnik an der BFH-TI. Deshalb legt die BFH von Beginn an Wert auf Informatikunterricht.

Herr Fuerst, Sie sind seit 2020 Leiter Maschinentechnik an der BFH-TI. Davor waren Sie lange in der Industrie tätig. Was fasziniert Sie an der Maschinentechnik?

Meine Motivation und Faszination sind seit meinem Maschinenbaustudium unverändert: Es geht immer um das Schaffen von technischen Lösungen für Menschen. Ich bekomme eine Aufgabenstellung, die gelöst werden soll. Das Ergebnis unserer Arbeit im Maschinenbau ist in der Regel etwas Physisches. Es ist sichtbar. Das liebe ich.

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Die Berufe des Maschinenbaus waren früher handwerklich geprägt. Wie hat sich das verändert?

Zur Zeit der Dampfmaschine konstruierten Maschinenbauer manuell Maschinen und bearbeiteten Werkstoffe wie Eisen, Stahl oder Messing – etwa durch Schmieden oder Fräsen. Dabei war viel Handwerk im Spiel. Das ist heute nicht mehr so. Heute geht es unter anderem darum, dass Maschinen automatisch laufen und sich selbst optimieren. Sie sollen möglichst ohne Muskelkraft funktionieren.

Was bedeutet das für den Alltag der Maschinenbauingenieur*innen?

Automatisierung und Digitalisierung sind heute wesentliche Bestandteile des Maschinenbaus. Nehmen wir die Aufgabe der Herstellung von Motoren. Dafür braucht es diverse Motorkomponenten, die in verschiedenen Arbeitsschritten zu einem Motor zusammengefügt werden. Um einen elektrischen Pol muss zum Beispiel Kupferdraht gewickelt werden, und die Komponenten müssen von Hand ineinandergesteckt werden. Das ist gar nicht so einfach, wenn Permanentmagnete im Spiel sind. Eine maschinelle Lösung ist viel besser. Heutzutage konzipieren Maschinenbauingenieur*innen dafür eine Anlage am Computer, um die Arbeitsschritte zu automatisieren, die früher manuell ausgeführt wurden. Dadurch wird die Arbeit genauer, schneller und billiger.

«Früher war der Maschinenbau vom Handwerk geprägt.»

  • Prof. Dr. Axel Fuerst Leiter Maschinentechnik

Welche neuen Möglichkeiten eröffnet das?

Maschinenbauingenieur*innen können heute dank der Digitalisierung viel am Computer simulieren. Bevor sie eine Maschine oder ein Produkt konstruieren, entwickeln sie diese am Bildschirm. Es steht immer mehr Rechenleistung und viel mehr Speicher zur Verfügung als früher. Dadurch kann mehr simuliert und optimiert werden, zum Beispiel durch einen Digital Twin – eine virtuelle Repräsentation einer Maschine, einer Anlage oder eines Prozesses. Das erhöht den Grad der Erkenntnis beim Entwickeln und auch die Erkenntnis der Kundschaft. Die Konnektivität ist heute ebenfalls viel besser. Maschinen, Geräte und Anlagen sind über das Internet miteinander vernetzt und tauschen in Echtzeit Daten aus: Das Internet of Things ist heute Standard. Während meines Studiums sammelten wir Daten noch auf Disketten oder verschickten sie über selbst gebaute Netzwerke.

Was bedeuten diese Entwicklungen in Bezug auf das Studium?

Es braucht mehr Informatikwissen. Während meiner Ausbildung gab es nur eine Vorlesung rund um dieses Thema. Ich betrieb als Student eine eigene Computer-Firma und habe mir das Wissen mehr oder weniger selbst angeeignet. An der BFH-TI legen wir von Beginn an grossen Wert auf den Informatikunterricht. Im ersten Semester lernen die Studierenden die Grundkomponenten kennen, im zweiten beginnen sie zu programmieren und zu skripten: Sie setzen bestehende Programmteile zusammen. Im dritten Semester erwerben sie Grundkenntnisse in Machine Learning. Innerhalb von drei Semestern erhalten sie also ein gutes Informatik-Grundwissen. Daneben gibt es weiterhin viele klassische Module der Maschinentechnik wie etwa Produktentwicklung und technische Mechanik. Das mechanische Grundwissen ist unverändert die Basis für alles.

Dr. Axel Fuerst
Axel Fuerst, Leiter Maschinentechnik an der BFH-TI: «Das mechanische Grundwissen ist unverändert die Basis für alles.» (Foto: Valérie Chételat)

Welche Rolle spielen ökologische Themen in der Ausbildung der Ingenieur*innen?

Energieeffizienz und Ressourcenschonung sind schon lange klassische Themen, da Ingenieur*innen immer ökonomisch und ökologisch optimieren. Sie stellen eine Technologie zur Verfügung, folgen dabei aber auch den Auftraggeber*innen aus der Gesellschaft, der Industrie und der Politik. Bei uns an der BFH-TI können die Studierenden verschiedene Wahlmodule zu Nachhaltigkeitsthemen besuchen. In Projektarbeiten und in der Thesis können sie dann eigene Arbeiten vorantreiben. Ein Student hat zum Beispiel eine Arbeit zur Optimierung von Windkrafträdern eingereicht und bearbeitet diese nun. An der BFH-TI wollen wir keine Schulbuchaufgaben lösen, sondern auch praktische Arbeiten umsetzen. Dazu haben wir unsere Labors und arbeiten eng mit der Industrie zusammen.

Auch das Projekt LIBREC (Lithium-Ion Battery Recycling) ist in Zusammenarbeit mit der Industrie entstanden.

Der Gründer der Librec AG kam Anfang 2020 auf uns zu und wollte eine Recyclinganlage bauen, in der alle Batterien von Elektroautos in der Schweiz gesammelt, recycelt und in die Grundkomponenten zerlegt werden. Mit dem Ziel, die Inhaltsstoffe der Batterien durch Recycling möglichst vollständig zurückzugewinnen. Wir haben gemeinsam mit Partnern den Recyclingprozess optimiert. Das Recyclingwerk der Librec AG in Biberist wurde im April dieses Jahres eröffnet.

Gibt es erste Erkenntnisse?

An der offiziellen Eröffnungsfeier sahen wir säckeweise Ausgangsmaterialien von Lithiumbatterien wie etwa Kupfer, Aluminium oder Schwarzmasse. Das zeigt uns: Die Anlage funktioniert, und es gibt genügend Material für das Recycling.

Wo sehen Sie die grössten Chancen für die Berufe in der Maschinentechnik?

Bleiben wir beim Beispiel des Recyclingwerks: Um Kupfer oder Aluminium aus dem Boden zu holen, braucht es enorm viel Wasser und Energie. Es ist wichtig, dass wir die wertvollen Rohstoffe, die in Batterien stecken, wieder zurückgewinnen. Ganz generell müssen wir die Kreisläufe der wertvollen Werkstoffe deutlich verbessern. Die Ressourcen werden knapper, das Recycling immer wichtiger. Wenn sich junge Menschen für einen Beruf entscheiden, sollen sie sich fragen, was sie gerne machen und womit sie ein Leben lang Geld verdienen können. In der Maschinentechnik ist die Wahrscheinlichkeit gross, einen guten Job für die nächsten 40 Jahre zu finden. Unser Leben wird komfortabler, die Ressourcen werden knapper, das Recycling wird immer wichtiger und gleichzeitig soll alles immer schneller und günstiger sein. Solange Menschen wirtschaften, gibt es in der Maschinentechnik etwas zu tun.

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