Mit Mikroben die Energiewende schaffen

24.07.2025 Klimawandel und Energiewende verlangen Alternativen zu Erdöl & Co. Forschende der BFH-HAFL stellen in ihrem Review in Nature Communications Biomasse als vielversprechende Kandidatin vor. Ihre Verwertung ist komplex, aber verschiedene Mikroben können zusammen das Pflanzenmaterial in wertvolle Chemikalien umwandeln.

Holz, Stroh oder Pflanzenreste wachsen nach, sind günstig und nahezu überall verfügbar. Wird dieses Rohmaterial nachhaltig eingesetzt, könnte es in Zukunft fossile Rohstoffe in vielen Bereichen ersetzen: bei der Herstellung von Kunststoffen, Treibstoffen wie Bio-Kerosin oder organischen Chemikalien.

Publikation in Nature Communications: Michael Studer, Dozent für erneuerbare Rohstoffe und Energieträger an der BFH-HAFL…
Publikation in Nature Communications: Michael Studer, Dozent für erneuerbare Rohstoffe und Energieträger an der BFH-HAFL…

Doch dabei gibt es eine Herausforderung: Derzeit wird vor allem auf Ethanol gesetzt, das mithilfe von Mikroben aus Zucker in den Pflanzen gewonnen wird. Das funktioniert zwar, aber Zucker macht nur einen kleinen Teil der Biomasse aus. Dazu kommt: Zucker ist ein wertvoller Nährstoff – und angesichts von Hunger in vielen Regionen der Welt stellt sich die ethische Frage, ob wir ihn wirklich in grossen Mengen für Industrieprodukte «verbrauchen» sollten. Der Rest, also Zellulose, Lignin und andere Bestandteile, bleibt grösstenteils ungenutzt, obwohl er den Hauptanteil ausmacht. «Wir müssen den Rest der Pflanzenmasse effektiv nutzen können. Wir wissen bereits, wie man das macht, aber es erfordert viele Schritte», erläutert Teamleader Michael Studer. Zusammen mit seinem Post-Doc Derek Troiano erklärt er in einem Review in Nature Communications einen vielversprechenden Ansatz: «Statt nur einen Mikroorganismus einzusetzen, der nur Zucker verwerten kann, kann man ein Prinzip nutzen, das aus der Natur bestens bekannt ist: Arbeitsteilung.»

… und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Derek Troiano im Biomasse-Labor in Zollikofen. (Bilder: Reto Baula)
… und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Derek Troiano im Biomasse-Labor in Zollikofen. (Bilder: Reto Baula)

Mikroskopisch kleine Teams – statt Alleingang

Und so funktionierts: Unterschiedliche Mikroben werden gezielt kombiniert – jede spezialisiert sich auf eine bestimmte Aufgabe: «Die eine spaltet die nicht-wasserlöslichen  Pflanzenteile, eine andere verarbeitet bestimmte Zwischenprodukte, eine dritte erzeugt den gewünschten Endstoff», so Derek Troiano. So entsteht eine Art mikrobielles Umbau-Team, das gemeinsam mehr erreichen kann als jede einzelne Mikrobenart für sich.

Hightech trifft Biologie

Damit diese Gemeinschaften stabil, effizient und wirtschaftlich arbeiten, braucht es gemäss Autoren viel Forschung – und moderne Werkzeuge. In der kürzlich veröffentlichten Nature Communications-Publikation zeigen die beiden HAFL-Wissenschaftler auf, wie weit die Forschung hier bereits gekommen ist. Darin werden die neuesten Technologien vorgestellt, mit denen sich solche mikrobiellen Netzwerke planen, steuern und optimieren lassen, etwa zur Stabilisierung und Steuerung von Mikroben-Konsortien oder zur Echtzeit-Überwachung der Prozesse. Zahlreiche Labore arbeiten weltweit zusammen; hier geht es zur Publikation (Link) und hier zum LinkedIn-Post (Link).

Ob diese Mikroben-Teams künftig helfen werden, unsere Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu beenden? «Die Zeichen stehen gut – vorausgesetzt, wir investieren weiter in dieses vielversprechende Forschungsgebiet», so Studer.

Pflanzen sind nicht nur Nahrung, sondern auch eine wertvolle Ressource für eine nachhaltige Zukunft. Wenn wir lernen, die Mikroben dazu zu bringen im Team zu arbeiten, könnten wir die biologische Vielfalt auf molekularer Ebene nutzen – für eine fossilfreie Welt.

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Rubrik: Studium, Fachhochschule, Forschung